Also nicht. Ich schloss den Schrank wieder, nahm aus einem anderen aber dafür ein Glas heraus, das ich mit Wasser füllte.
Ich antwortete nicht sofort auf die erneute Frage des Jungen. Er beharrte also darauf... Na schön. Ich hatte gute Gründe, warum ich es mit den Antworten nicht eilig hatte, aber das konnte der Junge natürlich nicht wissen. Deswegen hatte ich ja auch vor, es ihm zu erklären. Und dann konnten wir sehen, wie es weiterging...
Mit dem Glas in der Hand kam ich zu dem Jungen zurück, der noch in der Nähe des Eingangs beim Sofa stand.
"Setz dich", sagte ich ruhig und deutete auf das Sofa, ehe ich das Glas mit dem Wasser vor ihm auf dem Wohnzimmertischchen abstellte, auf der Seite des Jungen. Konnte gut sein, dass er es brauchen würde, denn was ich zu sagen hatte dürfte wohl nicht so leicht zu verdauen sein.
Ich selbst zog einen Stuhl vom Esstisch heran und setzte mich auf die andere Seite des Tischchens, schräg gegenüber dem Jungen, bei dem ich darauf wartete, dass er meiner Aufforderung nachkam. Mein Blick blieb so lange auf ihm ruhen, bis er sich gesetzt hatte, und auch danach einen kurzen Moment schweigend.
"Du sollst wissen, dass das was ich zu sagen habe nicht ganz einfach zu verkraften und schon gar nicht angenehm sein wird. Es könnte sein, dass es dich durcheinanderbringt und einiges aufwühlt. Du wirst nicht mehr den Frieden haben, den wir bisher hier hatten. Das ist die eine Sache." Ich machte eine Pause, den Blick immer noch aufmerksam auf dem Jungen. Wenn es nur das wäre, dann wäre es nicht einmal so schlimm, vor allem da ich befürchtete, dass dieser Prozess ohnehin schon in Bewegung gekommen war, sicher auch durch meine Schuld. Das war ja nicht unbedingt schlecht. Er konnte nicht ewig hier in unserer Wattewolke sitzen.
Das Problem war das andere...
"Außerdem...", fuhr ich fort "ist dieser Ort hier nämlich nicht von Dauer. Sobald ich dir sage, was hier los ist, bringe ich damit Dinge ins Rollen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Nicht nur für dich, sondern auch für uns beide hier. Ich kann dir nichts Genaues sagen, ohne dass du weißt, worum es geht, aber wenn ich dir alles erzähle, dann ist es gut möglich, dass dieser Ort hier nicht mehr sicher sein wird und wir bald fliehen müssen. Und dann wird es schwierig werden, wieder einen sicheren Ort zu finden, vielleicht sogar unmöglich."
Wieder machte ich eine kurze Pause und gab ihm Zeit, das Gesagte zu verdauen. Es war ernst und das machte ich auch klar. Keine Witze mehr.
"Also... Bist du sicher, dass du alles jetzt wissen willst? Auch wenn die Zeit der Erholung dann vorbei sein wird? Auch wenn es dir nicht gefallen wird?"