Re: Zwischen roten Felsen
von Farûna » So 28. Aug 2022, 13:59
Ehrlich gesagt war ich sehr froh, dass Dart nicht gleich anfing auf mir rumzuhacken, schließlich hatte ich uns hierher mitten in die Berge geführt, und das für nichts, wie sich jetzt herausstellte... Er schwieg einfach und ließ mich von seinem Rücken runter, wobei ich mich auch noch weiter an ihm festhielt. Stehen konnte ich zwar, aber mein Körper war schwach und ich war um etwas Halt dankbar. Auch mein Blick ging immer noch in die Schlucht hinab und ich zögerte auch noch ein wenig, weil ich nicht so recht wusste, wie ich es anstellen sollte. Schließlich aber ließ ich mich vorsichtig zu Boden sinken und setzte mich hin, weil es so einfacher war für mich. Und ich wusste nicht, wie lange ich brauchte - wenn es überhaupt etwas brachte.
Mein Blick huschte hinauf zu Dart bei seiner Frage und ich überlegte kurz. "Ist schwer zu erklären", sagte ich, vor allem eher weil ich nicht gern darüber redete, und verzog dann das Gesicht zu einem gequälten, freudlosen Lächeln. "Aber mach dir nicht zu viele Hoffnungen, bei unserem Glück gerade." Ich atmete einmal tief aus und der Ausdruck verschwand aus meinem Gesicht. Naja, ein Versuch war es immerhin wert... "Gib mir nur etwas Zeit und Ruhe", bat ich und warf Dart noch einmal einen Blick zu.
Dann, sofern er nichts mehr dagegen einzuwenden hatte, schloss ich die Augen und atmete noch einmal durch. Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung was genau ich machen musste, aber... ich versuchte es einfach mal.
Ich hatte bisher noch nie versucht, bewusst Kontakt zu dem Etwas in mir aufzunehmen. Früher hatte ich seine Stimme oft gehört, wie ein anderes Wesen in mir drin, hatte es gespürt, und ganz früher war es irgendetwas zwischen Angst und dem reizvollen Gefühl von Macht gewesen, das ich empfunden hatte, das Gefühl dass ich nicht länger hilflos und unbedeutend war, sondern dass auch ich kämpfen konnte, wütend sein und zerstören, wo andere mich zuvor zerstört hatten. Ohhh, und das Ding war so wütend gewesen, so wütend dass ich diese Wut nur zu gerne als meine eigene übernommen hatte... Oder war es meine unterdrückte Wut gewesen, die es gefüttert hatte?
Irgendwann war die Angst davor verblasst, und dann irgendwann auch das Gefühl, ein zweites Etwas in mir zu haben. Es war mit mir verschmolzen und ein Teil von mir geworden, bis ich es nicht mehr wahrnahm, aber ich wusste, dass es noch da war.
Ich wusste auch noch, wie es war, davor Angst zu haben. Angst, von der Schwärze verschlungen zu werden, von diesem so tief Schwarzen, das man sich nicht vorstellen konnte, wenn man es nicht kannte. Ich wusste noch, wie es mich kontrollieren und ins Innere meines Körpers zurückdrängen konnte. Wenn es wollte, war es stärker als ich - damals zumindest war es das gewesen. Und ich hatte es nicht darauf angelegt, es noch einmal zu wecken, seitdem es sich zumindest meinem Empfinden nach zurückgezogen hatte und mich alleine mein Leben leben ließ.
Deshalb war da auch durchaus eine gewisse Unruhe in mir, als ich versuchte, in mich zu gehen und nach diesem schwarzen Etwas zu suchen und es zu wecken. Aber vor allem wusste ich auch, dass das Etwas ein Teil von Kayle war, dass ich ihn dadurch vielleicht erreichen konnte, dass auch er mich zwar damit kontrollieren konnte, aber das war der Preis für die Freiheit, die ich mir erkauft hatte. Und ich wusste auch, dass ich ohne das Etwas und ohne Kayle schon längst nicht mehr am Leben wäre, und auch wenn das Etwas mich auch verändert hatte, es hatte mir auch Kraft und Macht gegeben, mehr als ich früher gehabt hätte.
Es gab vielleicht einen guten Grund, Angst vor einer gierigen, dämonischen Schwärze zu haben, die einen verschlingen wollte, aber es gab ebenfalls gute Gründe, sie zuzulassen. Ich hatte mich dafür entschieden, und ich bereute es nicht.
Ich versuchte, mir dieses Gefühl in Erinnerung zu rufen, das Gefühl von diesem Etwas in mir, das da irgendwo war. Ich versuchte es zu finden, ich dachte daran wie es gewesen war, wie ich seine Stimme gehört hatte und wie es mich von innen her überwältigt hatte. Zwar wollte ich nicht, dass es das wieder tat, ich wollte nicht die Kontrolle verlieren und mich nicht davon auffressen lassen, aber ich wusste auch, dass ich ihm Raum geben musste, und vielleicht musste ich es auch ein klein wenig zulassen, um es zu wecken. Ich wusste zwar nicht wie, aber ich versuchte es, indem ich mich nach den Erinnerungen und Empfindungen von damals ausstreckte. Indem ich aufhörte, es in den hintersten Winkel meines Bewusstseins zu verbannen, und indem ich mich ihm öffnete.
Komm schon, sagte ich ihm - oder dachte es, denn anders konnte ich nicht mit ihm sprechen, und wenn es in mir war und wach war, dann würde es auch meine Gedanken hören. Komm schon, ich brauche dich. Wach auf. Kayle... Wo bist du?
...Lebst du überhaupt noch?
Dart würde wohl nicht viel sehen, außer dass ich still dasaß und die Stirn runzelte, während ich versuchte mich zu konzentrieren. Nur meine Schwanzspitze zuckte leicht, und ab und an ein Ohr.
ط ئ ~ Feuerfuchs in Menschengestalt ~ ئ ط~Immer wenn ich einsam bin, zieht es mich zum Feuer hin
Warum ist die Sonne rund? - Warum werd ich nicht gesund?
Verbrannt ist alles ganz und gar.
Aus der Asche ganz allein
steig ich auf zum Sonnenschein.
Das Feuer liebt mich... ئ ~ ط ~ ئ