[Farûna]

Als ich sah dass Dart mir zum Schlafzimmer folgte, trat ich ganz hinein und griff mir wieder die Decke, ehe ich mich zurück aufs Bett setzte. Es war bequem, und wärmer als draußen, das war die Hauptsache. Ich setzte mich ans eine Ende des Bettes und zog die Beine an, dann zog ich mir die Decke über die Schultern, und damit auch über die Flügel, die ich am Rücken leicht anlegte. Dart sah sich zunächst einmal ein wenig im Zimmer um, ehe er sich ebenfalls aufs Bett setzte. Auch ich saß ihm zugewandt und schwieg, während ich ihn machen ließ und ihn nur beobachtete. Es war irgendwie alles ziemlich seltsam. Einerseits erkannte ich ihn wieder, auch anhand seiner Gesten und seines Wesens. Es war eindeutig Dart. Aber trotzdem anders.
Er beantwortete dann auch meine Frage von vorhin, und meine Ohren zuckten dabei einmal und spitzten sich aufmerksam. Erstaunt wanderten meine Augenbrauen ein Stück nach oben.
"Whoah...", machte ich und senkte leicht den Blick. Das... oh man. Das klang gar nicht gut.
"Das schwarz-weiße Gebäude mit den Wolfsviechern?", hakte ich nach, wobei auch das nicht wirklich nach einer Frage klang. Was sollte es sonst sein... Mein einer Mundwinkel verzog sich zu einem schiefen, bitteren Lächeln. "Das heißt... du weißt gar nichts mehr von dieser Insel." Ich hob den Blick wieder zu ihm. Das war bitter... Und das hieß, er... wusste gar nicht mehr, dass er auch mal frei gewesen war. Das war für mich, die... nun, meine eigene Geschichte in dieser Hinsicht hatte, vielleicht noch viel bitterer. Ich wusste dass Dart nicht so etwas wie Mitleid wollte. Aber tja... Was für ein Mist. Wir hatten alle unsere Problemchen...

[Dart]

Ihre erste Reaktion verlangte mir wiederum eine sich leicht hebende linke Augenbraue ab - doch die zweite bzw. die Erwiderung oder Nachfrage zu meinen Worten kam dann zu schnell, als dass noch irgendetwas von mir hätte folgen oder ich es hätte kommentieren können. Oder wollen.
Meine Züge öffneten sich unwillkürlich, sodass ich Farûna einen Moment lang fast offen überrascht ansah. "Ich habe dir davon erzählt?", fragte ich zurück, weil ich damit doch wirklich nicht gerechnet hatte. Das war so eine Sache, die ich nicht rumerzählen wollte, weil diese Erinnerungen an den Ort sehr tief saßen und mich verletzt hatten. Nicht körperlich - nicht nur, die Wunden, die mir die Wölfe dort regelmäßig zugefügt hatten, die waren längst verblasst, nicht mal Narben waren zurückgeblieben -, sondern vielmehr ... seelisch, wenn man so wollte. Im übertragenen Sinne. Ich war letztlich nichts anderes als ein Experiment, ich hatte keine Seele. Nichts wenigstens, das man im herkömmlichen Sinn als Seele bezeichnen würde, wenn man sich ein wenig damit auskannte.
Ich war davon gezeichnet und gebranntmarkt, und ich musste Farûna ziemlich gut gekannt oder einen Grund gefunden haben, ihr zu trauen, um ihr überhaupt davon zu erzählen. So war ich nun mal.
Dass ich ihr nicht nur etwas darüber gesagt hatte, sondern sie mit mir dort gewesen war, ahnte ich ja nicht.
"Was ist das hier für eine Insel, wo sind wir?" Und ... wann... "Woher kennen wir uns?"

[Farûna]

Die Überraschung war ihm deutlich anzusehen, und das wunderte mich nicht. Wir waren uns da tatsächlich sehr ähnlich... Nur dass ich ihm nicht von mir erzählt hatte, weil ich das nicht musste. Nun, nicht so intensiv jedenfalls. Das hatte ich niemandem erzählt...
"Ich war mit dir dort", antwortete ich also. "Wir sind zusammen zurück gekommen." Ich hätte ihm auch sagen können, dass ich es gewesen war, die ihn zurückgeholt hatte, aber das tat ich nicht. Vielleicht wusste er es, aber es spielte auch keine Rolle... Es klang in meinen Ohren jedenfalls zu... falsch, das zu sagen. Als ob ich mich als die Heldin aufspielen wollte. Vielleicht glaubte er es mir nichtmal, wenn ich es ihm so erzählte. Wie auch immer.
"Als du mir vorher davon erzählt hast, konntest du dich nicht mehr an diesen Ort erinnern. Du konntest... dich auch nicht an früher erinnern. Als wir zurück kamen dann aber doch." Ich seufzte und musste daraufhin wieder husten. Ich wusste gar nicht wo ich anfangen sollte... Er wusste gar nichts mehr!
Jetzt nach dem Husten ein wenig mehr zusammengekauert, überlegte ich einen Moment lang bei seinen Fragen. Ich räusperte mich und entspannte mich wieder etwas. "Die Insel heißt Echsinea. Es gibt hier ein Haufen Menschen, oder gab es zumindest mal... Weiß nicht was aus ihnen geworden ist, seitdem diese Monster kommen. Warum die da sind, weiß ich nicht... Es fing irgendwann vor ein paar Wochen einfach an." Ratlos zog ich die Schultern hoch. "Es gibt hier aber auch viele andere Wesen, die keine Menschen sind. Wir kennen uns durch einen Dämon." Ein leichtes Lächeln huschte über meine Züge. Klang ehrlich gesagt alles ziemlich verrückt, aber so war es nunmal. "So wirklich mehr zu tun hatten wir aber erst... als das alles anfing. Mit dem Ort da." Und mit meinem Problem...
Eigentlich kannte ich Dart längst nicht so gut wie manche anderen, dachte ich zumindest. Aber trotzdem verband uns so einiges.

[Dart]

Okay. Wenn mein Blick eben überrascht gewesen war, dann war er jetzt ungläubig, weil die Füchsin im Menschengewand mir eröffnete, dass sie mit mir an diesem scheiß-verfluchten Ort gewesen war! Na klasse... Von allen, wirklich allen Personen, denen ich hätte begegnen können, rannte ich gleich als erstes - okay, nach einigen Tagen - in ausgerechnet diejenige hinein, die dorthin gebracht worden war, damit sie mir beim Rauskommen ... nun... Helfen konnte.
An sich war das schon irgendwie praktisch, weil sie, wenn sie mich kannte, mir natürlich Dinge über mich erzählen konnte, die ich nicht mehr wusste. Aber es bedeutete auch, dass sie mich gewissermaßen in der Hand hatte. Ich konnte ihr schlecht etwas vormachen, sie wusste von meinem Gefängnis, und wenn sie dorthin gegangen und wir zusammen wieder zurückgekommen waren, dann bedeutete das, dass ich ihr ein Versprechen gegeben hatte. Sie sah nicht pissig aus, also hatte ich das Versprechen entweder gehalten oder es hatte sich auf sonderbare Weise erledigt. Oder aber...
Ich wusste nicht so recht, ob ich darauf vertrauen sollte, dass Farûna mich scheinbar mochte oder zumindest nichts gegen mich hatte. Die Dinge, die in diesem verfluchten Gebäude an diesem verfluchten Ort geschahen, waren ziemlich abgedreht, ich konnte mir deshalb nicht vorstellen, dass wir zusammen viel Spaß dort gehabt hatten. Trotzdem machte sie mir auch keine Vorwürfe - noch ein Hinweis darauf, dass ich ihr vielleicht wirklich geholfen hatte.
Du kannst dir auch noch später darüber Gedanken machen, ob dein Hals in der Schlinge steckt. Erst mal war es vielleicht nicht verkehrt, den Antworten auf Fragen zuzuhören, die ich ja selbst gestellt hatte.
Es war also tatsächlich eine Insel, auf der wir uns hier befanden. Und Farûna versicherte mir noch einmal, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, was die Viecher sollten. Gleichzeitig bestätigte sie mir meine Vermutung, dass es die noch nicht so ewig hier gab. Dass wir uns über einen Dämon kennengelernt hatten, schockte mich gerade nicht so sehr wie der Rest weiter oben, aber ... auch das klang komisch, ja. Gleichzeitig hatte ich kurz das Gefühl, als hätte mir das schon mal jemand erzählt, obwohl weiterhin kein Groschen fiel.
"Das heißt, dass ... ich schon mal da weg war. Und hier gelandet bin. Und von hier wieder dorthin musste und du hast mich noch mal da weggeholt?", fasste ich zusammen, was ich ihrer Erzählung entnahm. Wow, toll. Das hieß, ich würde eventuell wieder dahin zurückkehren müssen? "Und was ist dann passiert? Irgendwie muss ich ja wieder da gelandet sein."
Da sie überrascht war, dass ich mich nicht an sie erinnern konnte, mochte das genauso gut heißen, dass sie mir darauf keine Antwort geben konnte, aber fragen kostete ja in diesem Fall nichts. Auch wenn es jetzt doch wieder darum ging.

[Farûna]

Man merkte Dart an, dass ihn das alles ziemlich... nun, mindestens überraschte, vielleicht sogar schockierte oder fassungslos machte. Wenn ich darüber nachdachte, war es auch verrückt. Aber es war nunmal die Wahrheit.
Ich sagte jedenfalls zunächst nichts mehr, denn ich konnte mir vorstellen, dass das alles ziemlich viel zu verdauen war. Außerdem hatte ich schon mehr gesprochen, als in den letzten Wochen... Mein Hals tat weh und ich brauchte etwas zu trinken. Aber mit dem Wasser war das so eine Sache, aus dem Wasserhahn jedenfalls kam nichts mehr.
Schließlich durchbrach Dart doch die Stille mit einer weiteren Frage, oder besser einer Zusammenfassung des ganzen. Ich nickte daraufhin matt. "Ja. Genau. Du hast... mir später davon erzählt." Ich rieb mir über die Schläfe und wischte mir dabei die Haare aus dem Gesicht, die immer noch eher durcheinander waren. Was weiter passiert war, tja... Das war eine gute Frage.
"Ich weiß nicht. Ist schon eine Weile her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Vielleicht hat dich das Mal wieder da hingezogen?" Ich sah ihn fragend an und fügte nach einem Moment hinzu: "Du hast es doch noch, oder?"
Aber wieso erinnerte er sich dann nicht? Als wir zusammen zurückgekehrt waren, hatte er sich sogar wieder an alles erinnert. Andererseits hatte er sich beim ersten Mal offenbar auch an gar nichts erinnern können... Das war immerhin noch weniger als er jetzt wusste. "Ziemlich kompliziert, das ganze", murmelte ich.

[Dart]

Ich hätte Farûna mittlerweile vielleicht schon auf ihren Gesundheitszustand angesprochen, doch ich war im Augenblick zu beschäftigt mit mir selbst, sodass mir ihr Gehuste und ihre kratzige Stimme zwar nicht entgingen, ich aber noch nicht weiter darauf einging. Und außerdem war es ja im Grunde auch so, dass sie mir gänzlich fremd war - bis auf dieses unbestimmte Gefühl -, sodass es mich nicht weiter kümmerte, was sie hatte.
Und - oh Mann... Sie wusste sogar von dem Mal.
Eher unwillkürlich als weil ich es ihr wirklich zeigen wollte, zog ich das Oberteil an der rechten Seite ein Stück hoch, das sie noch nicht kannte. Der Rest meines Aufzugs dürfte ihr vertraut sein, zumindest ging ich davon aus. Das Mal prangte immer noch dort an meiner Seite und streckte sich ein wenig auf meinen Rücken, zu meinen Rippen hinauf und unter dem Bund der Hose auch etwas über den Hüftknochen und den Unterleib.
"Das Ding war schuld?" Warte mal. Was? "Warum ist es da?"
Bisher hatte ich das Teil für eine Art Tattoo gehalten, auch wenn ich nicht blöd genug war, es für komplett bedeutungslos zu halten. Ich hatte angenommen, dass es den Herrschaften vielleicht gefallen hatte, mich damit zu zeichnen, damit ich sie nie vergaß. Ich hatte es nämlich nicht gehabt, bevor ich an dem Ort gelandet war. Aber wenn ich dort schon mal weggekommen war, dann... War es vielleicht von danach und war dann geblieben?
Ich bekam langsam das Gefühl, dass mein Hirn sich verknotete. Wundervoll. Statt einer warmen Mahlzeit bekam ich hier nur Kopfweh, schlechte Laune und hatte ein Fass ohne Boden geöffnet. Oder die Büchse der Pandora, wie man es nehmen wollte.

[Farûna]

Mein Blick huschte an Darts Seite, als er sein Oberteil ein Stück hochzog und tatsächlich das schwarze Mal zu sehen war, das er damals auch gehabt hatte. Seine Fragen jedoch ließen mich etwas überrascht aufblicken. Das...wusste er auch nicht?
"Oh...", machte ich daraufhin, als mir das bewusst wurde. Letztes Mal hatte er es gewusst, daher hatte ich gedacht... Naja, wie auch immer. Ich war wohl heute die Überbringerin schlechter Nachrichten für ihn... Konnte nicht sagen dass mir das gefiel.
"Hmm", brummte ich leise, was man mit viel Fantasie als eine Bestätigung verstehen könnte. Ich zog die Knie vor mir unter der Decke an und schlang fröstelnd die Arme darum. "Das wird dir nicht gefallen..." Daher war ich auch nicht wirklich scharf darauf, ihm das alles gleich unter die Nase zu reiben. Hatte ich ihm nicht schon genug gesagt für eine Nacht? Nicht dass ihm bei all den schlechten Neuigkeiten die Geduld ausging... Das konnte ich mir nämlich gut vorstellen.
Ich hatte ja selbst das Gefühl, dass alles ziemlich durcheinander war. Und dass meine Erzählungen genauso durcheinander waren.
Vielleicht sollte ich einfach lieber die Klappe halten...

[Dart]

Hatte ja echt gut geklappt, das Thema erst mal nach hinten zu verschieben. Aber wer würde das auch schon an meiner Stelle tun?
Dumm Sterben ist nicht immer verkehrt.
Meine Überraschung hatte sich mittlerweile wieder ein wenig gelegt, doch dafür wurden meine Augen bei Farûnas nächsten Worten wieder etwas schmaler und misstrauischer. Und ja, meine Laune war gerade Richtung Keller unterwegs. Warum konnte Farûna nicht einfach... Keine Ahnung, irgendwer anders sein? Jemand, der nichts über mich wusste, den ich nichts über mich fragen musste. Es war ein verdammtes Scheißgefühl, dass sie mir das alles auftischen konnte, ich nichts davon wusste und es dann auch noch solcher Mist war.
"Spuck's aus", sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. Das Mal wurde wieder schön von meiner Kleidung verdeckt.

[Farûna]

Natürlich konnte er es nicht einfach fürs erste ruhen lassen... Würde mir wahrscheinlich genauso gehen. Aber es gefiel mir trotzdem nicht. Meine Ohren zuckten bei seinen Worten zur Seite und ich zögerte noch immer, denn mir entging nicht, dass Darts Laune sich verschlechtert hatte. Und das würde sie auch noch weiterhin tun, wenn ich es ihm sagte...
Aber was sollte ich schon machen? Ich wollte ihn ganz bestimmt nicht jetzt anschwindeln, um dann später doch irgendwann mit der Wahrheit herausrücken zu müssen. Nächstes Mal hielt ich einfach die Klappe... Ich konnte ja nicht wissen, dass er nichts davon wusste...
Mit einem unzufriedenen Seufzen gab ich mich geschlagen, allerdings löste das wieder ein etwas kürzeres Husten bei mir aus, sodass ich mir noch die paar Augenblicke Zeit nahm. Wie ich gesagt hatte. Es würde ihm nicht gefallen...
"Du kommst nur von diesem Ort da weg, wenn du etwas für jemanden tust", sagte ich langsam, da ich nicht sicher war ob er das wusste. Außerdem wählte ich meine Formulierungen diesmal mit Bedacht. "Du hast das Mal, weil du dein Versprechen gebrochen hast." Aufmerksam blickte ich ihn an, die Ohren immer noch eher zur Seite gelegt, um zu sehen ob ihm das reichte. Und wie er darauf reagierte.

[Dart]

Ich wusste sehr wohl, dass ich von dort wegkommen konnte, wenn jemand mich herausholte, indem ich ihm versprach, etwas für ihn zu tun. Denn um das Versprechen einlösen zu können, musste ich ja in der Regel woanders hin können. Aber ich wusste nicht, ob ich jetzt auch hier war, weil mich jemand von dort befreit hatte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wie ich genau da weggekommen war. Das erste, was ich seitdem erlebt hatte, war, dass ich auf der großen Wiese vor dem Dorf aufgewacht war. Und das Schwert war bei mir gewesen, das hatte ich vorher nicht gehabt. Nun, jedenfalls nicht da unten. Ich kannte die Klinge. Damit hatte ich nicht nur eins von den schwarzen Viechern erledigt, und auch nicht nur diese Viecher. An dem Metall hatte schon einiges an Blut geklebt.
Und ich hatte auch nicht gewusst, dass ich so ein Mal bekam, wenn ich ein Versprechen brach... Was scheinbar dann die Absicherung für meine netten Freunde war, dass ich immer noch an den Ort gebunden sein könnte? Aber machte das Sinn? Das würde ja bedeuten, dass ich entkommen konnte, wenn ich ein Versprechen nicht brach. Vermutlich hatte man es mir genau deshalb auch nicht gesagt.
Es funkelte wütend in meinen Augen, mit denen ich immer noch Farûna fixierte, doch die Wut richtete sich eigentlich nicht gegen sie. Meine Finger griffen in den Stoff, der meine Seiten bedeckte. Aber da war auch noch etwas anderes in meinem Blick zu sehen, ein misstrauisches Glitzern, weil es in meinen Ohren so klang, als ginge es um das Versprechen an Farûna. Sie wirkte zwar ihrerseits immer noch nicht sauer auf mich, aber heißen tat das ja nicht unbedingt etwas. "Ach ja? Was hab ich denn versprochen?"
Dass sie nicht mehr husten würde, vielleicht?! Ich presste die Zähne aufeinander.

[Farûna]

Wieder zuckten meine Ohren leicht, und auch meine Schwanzspitze bewegte sich leicht unter der Decke, denn ich konnte förmlich dabei zusehen, wie in Dart die Wut heranwuchs. Konnte ich ja auch verstehen, klar... Aber ich wollte diese Wut trotzdem nicht abbekommen. Schon gar nicht jetzt, wo er sich nicht mehr an mich erinnerte, und gar nicht wusste dass wir... naja, uns eigentlich gut verstanden. Im Moment war ich wohl nur ein Irgendjemand, ein Niemand für ihn. Oder vielleicht nur ein Weg zu seinen verloren gegangenen Erinnerungen.
Kein schöner Gedanke... und zudem versetzte er mir auch einen leichten Stich, mit dem ich gar nicht gerechnet hätte.
Wieder war mir nicht wohl dabei, weiterzusprechen. Aber tatsächlich hatte er mir ja davon erzählt. Ich verknüpfte auch gerade gar nicht das Mal mit meinem eigenen Aufenthalt dort unten, daher dachte ich gar nicht daran, dass er glauben könnte, es wäre wegen mir.
"Du hast einer Menschenfrau versprochen ihre Schwester zu heilen. Und die ist gestorben", rückte ich langsam mit der Sprache heraus.

[Dart]

Ich holte Luft und hielt kurz inne, als Farûna nach gefühlten endlosen Sekunden herausrückte, dass ich einem verfluchten Menschenweib versprochen hatte, seine kranke Schwester zu heilen. Und dass die Schwester gestorben war - offenbar, bevor ich sie heilen konnte. Was ich eh nicht konnte, verdammt!
Aber es hieß wohl auch, dass ich nicht das Versprechen an Farûna gebrochen hatte. Jedenfalls würde das erklären, warum sie nicht sauer auf mich zu sein schien. Ich stieß die Luft langsam wieder durch die Nase aus, schluckte, und der misstrauische Ausdruck in meinen Augen schwand langsam wieder. Dann stand ich mit einem Knurren und recht abrupt auf, wobei ich auch das Chokutou wieder in die Hand nahm, und machte ein paar ziellose Schritte in den Raum hinein.
"Was für eine Menschenfrau ist das?"
Die Frage war eigentlich gerade nicht wichtig, aber irgendetwas musste ich fragen, um nicht irgendetwas in diesem Raum kaputtzuschlagen. Wenn ich das Versprechen nicht mehr halten konnte und dieses Mal schuld daran gewesen war, warum ich wieder ... in meiner persönlichen Hölle gelandet war, dann... Würde es vielleicht wieder passieren. Nein, würde es doch sicher, früher oder später. Oder? Oder?!
"Und was weißt du noch darüber?" Ich wandte mich wieder zu Farûna um, natürlich immer noch mit wenig begeistertem Gesichtsausdruck.

[Farûna]

Etwas in Darts Blick glättete sich bei meiner Antwort wieder ein wenig, was zumindest einen Teil meiner inneren leichten Anspannung wieder löste. Warum das so war, darauf kam ich noch immer nicht, stattdessen beobachtete ich einfach weiter Darts Reaktionen und behielt ihn im Auge. Daher zuckte ich auch einen winzigen Augenblick lang leicht zusammen, als er so plötzlich vom Bett aufstand - da es aber nur bei dem Aufstehen blieb, regte ich mich sonst nicht und blieb sitzen. Konnte wohl nicht mehr stillsitzen... Verstand ich auch. Es war verdammt viel, was da gerade auf ihn einprasseln musste. Es kam mir ja beim Erzählen schon viel vor. Und schrecklich durcheinander.
"Keine Ahnung, ein Mensch eben. Mehr hast du dazu nicht gesagt", antwortete ich diesmal schneller und richtete den Oberkörper nun doch wieder etwas mehr auf und wandte mich Dart zu. Ich spürte trotzdem förmlich seine Unruhe. Aber immerhin ließ er sie nicht an mir aus. Noch nicht. Sein Blick traf mich wieder mit einer weiteren Frage, und diesmal grübelte ich einen Moment lang, was er mir noch dazu gesagt hatte. War ja auch schon eine Weile her...
"Nichts, glaube ich. Nur dass du sie dazu bringen musst, dich von deinem Versprechen freizusprechen... aber das hat sie wohl nicht vor", fügte ich hinzu, den letzten Satz ein ganzes Stück leiser. Maaaan, es war ätzend, diese ganzen schlechten Nachrichten überbringen zu müssen. Ich sagte auch nicht, dass er angenommen hatte, das Mal könnte ihn wieder dorthin zurück ziehen... Vielleicht war es wirklich das, was passiert war.
Aber wie war er dann da rausgekommen? Das war eine Frage, die mich interessierte, aber im Moment hielt ich es für den falschen Zeitpunkt, danach zu fragen. Genauso wenig wie, was mit seiner Stimme passiert war.

[Dart]

Ich knurrte erneut, als sie mir einfach entgegnete, dass ich über den blöden Menschen nichts weiter gesagt hatte. So, wie es klang, hatte ich mich ja über alle möglichen wichtigen Dinge bei ihr ausgekotzt, aber die Menschenfrau nicht weiter vertieft? Super Leistung...
Und ich ärgerte mich gleich noch mehr darüber, weil Farûna mit der Antwort auf meine zweite Frage netterweise erklärte, dass ich die Frau dazu bringen musste, mich von meinem Versprechen loszusagen. Und dass besagte Frau das aber nicht vorhatte. Ganz große Klasse. Mein Blick begann, durch Farûna hindurchzugehen, bis ich eigentlich gar nichts mehr ansah. Meine Herzfrequenz war etwas höher als gewöhnlich und ich konnte gerade nicht mehr so wirklich sagen, was ich dachte. Es war ziemlich viel auf einmal, und ziemlich viel Scheiße zudem. Ich schloss die linke Hand fest um das Heft des Chokutou und ballte die rechte so fest, dass die kurzen Fingernägel sich mir in die Handfläche bohrten.
Wenn ich hätte sprechen können, hätte ich vermutlich einen ziemlich unflätigen Fluch hören lassen, aber so stieß ich nur ein drittes, sehr frustriertes Knurren aus, das sich in ein zischendes Fauchen verwandelte, wobei ich wieder ein paar unruhige Schritte durch den Raum machte, der sich plötzlich viel zu klein und eng anfühlte. Ich verpasste dem Schreibtischstuhl einen unsanften Tritt, sodass er einige Meter Richtung der Wand seitlich des Schreibtisches rollte - oder mehr flog - und dann umkippte. Ich hätte wirklich gern irgendwas kaputtgemacht, aber ... so schlau war es nicht, das Zimmer dafür auseinanderzunehmen. Und glücklicherweise hielt mich auch etwas davon ab, meine Frustration so ohne Weiteres an Farûna auszulassen. Ich war ja auch nicht sauer auf sie. Ihr Glück.
Sagen tat ich erst mal nichts.

[Farûna]

(ja, super Leistung Dart ^^')

Nun... jetzt war ich immerhin wirklich ehrlich gewesen. Über diese Menschenfrau und wie Dart mit ihr zusammenhing wusste ich ja tatsächlich nichts weiter! Und Dart dankte es mir immerhin damit, dass er seine offensichtliche Wut nicht an mir ausließ, sondern lieber an dem Schreibtischstuhl, der daraufhin durch den Raum flog und auf dem Boden landete. Meine Ohren zuckten immer wieder bei den Geräuschen und Darts Knurren, ansonsten aber blieb ich still.
Was sollte ich auch dazu groß sagen? Scheiß Situation... Das hatten wir damals schon festgestellt, nur da hatte Dart es mit dem zynischen schwarzen Humor getragen, den er und ich gemeinsam hatten. Jetzt aber war das alles neu für ihn. Darum hielt ich mich auch schön mit irgendwelchen Kommentaren zurück, denn Dart war da ehrlich gesagt ziemlich wie ich. Was hatte ich geknurrt und geflucht und geschrien, als ich vor ein paar Wochen schon wieder in diesem Körper gesteckt hatte...
Apropos... über dieses kleine Problemchen verlor ich auch noch kein Wort, obwohl es mir im Hinterkopf brannte. Ich war aber klug genug um zu verstehen, dass Dart gerade genug eigene Probleme hatte... Und er kannte mich nicht mehr. Warum sollte er mir diesmal helfen?
Es war verdammt bitter, darüber nachzudenken. Und ein wenig wunderte ich mich auch über mich selbst, dass ich dieses offensichtliche Riesenproblem bisher hinten angestellt hatte. Die letzten Wochen hatten wohl wirklich ziemlich an mir gezehrt... Ich war einfach fertig. Körperlich und nervlich.
Passend dazu fuhr wieder ein heftiges Husten durch meine Lungen und schüttelte den Körper durch. Ich hätte Dart um Hilfe bitten können - ehrlich gesagt brauchte ich die auch. Aber ich schwieg.
Dafür wurde draußen etwas hörbar, das meine Ohren als feines Huschen wahrnahmen, sehr leise nur und zwischendurch mal. Ich sah in Richtung Fenster, aber zu sehen war nichts. Kaum hörbares, vielfaches Trippeln eines Rudels dieser kleineren Monsterviecher... Vielleicht hatten sie ja ihren toten Kumpan entdeckt. Ob sich diese Viecher aber überhaupt über so etwas scherten, wusste ich nicht.
"Wir kriegen Gesellschaft...", sagte ich leise.

[Dart]

(sag ihm das lieber nicht persönlich! xD)

Das einzige, was mich ein wenig zu stören begann, war ihr dauerndes Gehuste. Das Geräusch war unangenehm, weil es ziemlich ungesund klang, und mit Krankheiten konnte ich ohnehin nicht viel anfangen. Außerdem war es ziemlich laut, vielleicht auch nur, weil es etwas anderes war als wenn sie die Stimme hob und zu mir sprach und weil es ansonsten so ruhig war. Das hieß, bisher. Seit ich das größere Vieh draußen erlegt hatte, das mit abgetrenntem Kopf einige Dutzend Meter entfernt lag.
Und nun, eigentlich bis jetzt, von meinem Geknurre abgesehen, denn auch mein Gehör fing nun, da ich mich nicht mehr regte und der Schreibtischstuhl still liegen geblieben war, leise Geräusche draußen auf, was Farûna mir dann auch bestätigte. Ihr Gehör war sicher etwas feiner als meins. Kein Wunder bei den Ohren.
"Du willst vermutlich nicht, dass sie hier reinkommen, oder?", fragte ich sie und wandte mich dabei erneut zu ihr. Es klang so als seien es mehr als eins. Also nur das kleine Fußvolk. Aber besser als nichts. "Ich geh schon." Und mit einem Wimpernschlag, einem Luftzug und dem leisen Geräusch der ins Schloss fallenden Eingangstür war ich draußen verschwunden.
Sie waren mir gerade mehr als eine willkommene Ablenkung.

[Farûna]

( )

Wieder einmal wurde mir das jämmerliche Bild bewusst, das ich für Dart abgeben musste. Das kratzte auch ziemlich an meinem Stolz... aber der war in den letzten Wochen ohnehin ziemlich angeschlagen, oder besser, zerschlagen worden. Zum Glück war der Bademantel lang genug, um die nur halb verheilten Schürfwunden auf meinen Knien zu verbergen.
Trotzdem erschien ein schiefes Lächeln auf meinem Gesicht, das einen Hauch des unheilvollen Ausdrucks darin trug, den man bei mir oft in solchen Situationen sehen konnte. Früher jedenfalls...
"Wenn sie es doch tun, kann ich sie mir schon vom Leib halten." Ob Dart das allerdings noch hörte, wusste ich nicht, denn schneller als ich gucken konnte, war er plötzlich verschwunden und meine Ohren fingen nur das Geräusch der Haustür auf. Ich seufzte.
Wie oft schon wollte ich dir zeigen was passiert, wenn man mit dem Feuer spielt, hm?...
Ich legte das Kinn auf den angewinkelten Knien ab. Die Wut war mir in den letzten Wochen verraucht, und nur Frustration war zurückgeblieben. Es war eine einzige Demütigung. Die anfängliche Erleichterung, die ich bei Darts Erscheinen gespürt hatte, war ebenfalls verflogen... Es war doch einfach wieder alles zum Kotzen.

[Dart]

Ich hatte natürlich nicht den blassesten Schimmer davon, wie es Farûna ging, wenn man ihr Gehuste mal nicht mit einbezog, und wusste auch nicht, was mit ihr passiert war. Oder dass ich auch bei ihr eventuell nicht so ganz hundertprozentig zur Problemlösung beigetragen hatte. Zumindest nicht dauerhaft. Aber Tatsache war auch, dass es mich gerade einfach nicht wirklich interessierte, solange es nicht auch wichtig für mich selbst war. Weil ich nicht wusste, wer sie war und wie gut ich sie mal hatte leiden können. Ich wusste nicht, dass sie eigentlich wirklich ein Fuchs war und nicht etwa eine Gestaltwandlerin oder irgendsowas. Dass sie nicht freiwillig als Mensch herumlief und dass genau das auch das Problem gewesen war, mit dem sie zu mir gekommen und wir uns gegenseitig geholfen hatten.
Hätte ich es gewusst, hätte es mir nicht einmal leidgetan. Auch wenn es keine Absicht war, weil ich nunmal einfach so war. Sie war mir fremd. Ich wusste nicht, wie gut ich sie gekannt und wie sehr ich sie gemocht hatte, auch wenn wir offenbar gut klargekommen waren, wenn sie so viel über mich wusste...
Ich verschwendete in den Minuten draußen keinen Gedanken daran. Wollte und konnte ich auch nicht, weil die Viecher wirklich einfach nur dazu da waren, mich selbst von dem abzulenken, was die Füchsin mir erzählt hatte - und gleichzeitig auch noch die Frustration darüber dan ihnen auszulassen. Das war auch der Grund, warum ich sie nicht sofort erledigte. Diese kleineren waren für jemanden wie mich nicht sehr anspruchsvoll, auch wenn sie dafür nicht allein kamen. Ich war zu schnell für sie und man musste sie nicht so oft treffen, damit sie auf der Strecke blieben. Deshalb ließ ich mich von ihnen ein wenig durch die Gegend scheuchen und nahm mir Zeit für jedes von ihnen. Und vielleicht wandte ich dann am Ende auch ein wenig mehr Gewalt an als nötig gewesen wäre, sie zu erledigen...
Dafür hatte ich diesmal auch ein paar Kratzer am Kiefer und an dem einen Arm, als ich das Haus wieder betrat und zu Farûna ins Schlafzimmer zurückkehrte. Und an sich war es auch nicht das beste, sich lange mit den Dingern aufzuhalten, weil es eben auch nicht gut für meinen Durst war. Farûna war auch weiterhin das einzige derzeit in Betracht kommende Wesen, das mir Blut geben konnte, damit ich zufrieden war. Früher oder später würde ich das auch entweder ansprechen - es dürfte ja nichts Neues für sie sein. Oder ich würde sie eben zwingen, Gesundheitszustand hin oder her.
Ich hatte mich ein wenig abgeregt, als ich den Raum wieder betrat. "Brauchst du eigentlich irgendwas?", fragte ich Farûna, als wäre unsere Unterhaltung weder scheiße gewesen, noch unterbrochen worden. "Dein Gehuste klingt nicht gut."

[Farûna]

Ich hörte die Geräusche von draußen und konnte mir in etwa vorstellen, wie das ganze aussah. Mal wurde es lauter und mal leiser, aber meine Gedanken hingen tatsächlich eher bei unserem Gespräch und... meinen eigenen Problemen eben. Ich verhielt mich bis auf gelegentliches Husten ruhig, denn trotz meines Spruchs konnte ich derzeit ganz gut darauf verzichten, mich mit diesen Biestern anzulegen. Mein Feuer zu rufen klappte zwar, aber es zehrte an meinen Kräften, die ich im Moment nicht wirklich übrig hatte. In diesem Haus gab es auch nichts zu Essen, jedenfalls nichts an das ich drankam, das hatte ich schon durchsucht. Gefühlt hatte ich schon zig Häuser durchsucht, ohne großen Erfolg...
Ich hätte schlafen können, aber auch das wollte ich nicht. Nicht so lange es Nacht war, und nicht so lange ich nicht wusste, ob Dart zurückkommen würde oder nicht. Ich nahm an, dass er das früher oder später würde, denn immerhin wusste ich Dinge, die er nicht wusste...
Eine Weile nachdem es draußen still geworden war, hörte ich tatsächlich wieder die Haustür und spitzte die Ohren, als Dart ins Schlafzimmer zurückkam. Diesmal sah er etwas mitgenommener aus als bei dem großen Viech, aber angestrengt hatte ihn die Bande draußen wohl auch nicht besonders. Bevor ich mir überlegen konnte, ob ich etwas sagen sollte, nahm er schon das Gespräch auf. Seine Wut war offenbar verklungen.
Das schiefe, bittere Lächeln kehrte wieder in mein Gesicht zurück. "Hjaaa... Kann man so sagen." Genau genommen brauchte ich so einiges - aber dieses Thema jetzt aufzureißen hätte eine weitere unangenehme Unterhaltung zur Folge. "Am meisten brauch ich wohl was zu trinken. Aus dem Wasserhahn kommt nichts mehr..." Und ja, dann ging es weiter mit Essen und vielleicht Medizin, Ruhe und Schlaf, aber meine Güte... Ich wollte Dart auch nicht vollheulen. Ich würde ihm schon noch früh genug von meinem Problem erzählen müssen... Wenn ich ihm sagte, dass ich mit den Menschendingen nichts anfangen und außerdem nicht lesen konnte, würde das die nächsten Fragen aufwerfen.

[Dart]

Ich blieb unweit der Tür stehen und betrachtete sie, während ich auf eine Antwort wartete und auch noch während ich sie bekam und danach. Es konnte nicht schaden, wenn sie ein bisschen besser zurecht war, bevor ich sie biss. Normalerweise wäre es mir ja egal, wenn jemand dabei krepierte, aber sie war eben leider nicht nur das erste und einzige zweibeinige Lebewesen, das ich nach einigen Tagen traf, sondern gleichzeitig auch noch eine wichtige Informationsquelle für mich. Da hatte sie ja wirklich ziemlich Glück gehabt.
Wenn sie mich kannte, wusste sie das vielleicht sogar.
Dass sie sich in ihrem Zustand während der Nacht nicht nach draußen begab, um sich auf die Suche nach Wasser zu machen, konnte ich nachvollziehen. Ich war mir zwar nicht sicher, ob sie sich nicht vielleicht auch selbstverteidigen konnte, aber gut für ihre Gesundheit war es sicher nicht, und wenn Menschen krank waren, kriegten sie sich sowieso nie zu irgendwas aufgerafft.
"Medikamente wären vielleicht auch nicht schlecht", sagte ich schließlich. "In der Küche sind keine?" Dass es vielleicht welche gab, sie aber nicht wissen konnte, wofür sie gut waren, ahnte ich ja nicht.