Re: Wald ohne Ende
von Caelan » Fr 15. Mai 2020, 07:25
Ich brauchte nicht lange zu warten bis Yulivee auf die Frage nach dem Feuer antwortete. Und wie ich es geahnt hatte, war es eine klare Absage. Für Cerielle tat mir das Leid, aber ich war mir sicher, dass es insgesamt die richtige Entscheidung war. Bevor Yulivee sich in Richtung des hinteren Teils der Höhle wandte, wiederholte sie noch einmal ihre Worte. Es war ja nicht so, dass ich sie nicht gehört hatte oder sie ignorieren wollte, aber… Ich schluckte. Irgendetwas hemmte meine Bewegungen. Ich wusste nicht, wie genau ich den Abstand zu Cerielle überwinden sollte. Und je länger ich darüber nachdachte, wie ich das tun könnte ohne sie zu verärgern, desto schwieriger wurde es. Erst als auch Cerielle ihr Einverständnis gab atmete ich etwas auf. „Ja“, stimmte ich leise zu, rutschte ein Stück näher, fühlte, dass immer noch ein gutes Stück Felsboden zwischen uns frei war und rückte noch etwas rüber. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie weit ich tatsächlich von ihr entfernt gesessen hatte. Oder kam mir das jetzt nur so vor, weil mein Herz mir bis zum Hals schlug und ich bei jeder Bewegung befürchtete, dass sie es sich anders überlegen oder irgendwie mit mir schimpfen würde? Ich rutschte noch etwas zurecht, stieß dabei gegen ihre Schulter und entschuldigte mich eilig. Dann hatte ich irgendwann eine einigermaßen zufriedenstellende Position gefunden und starrte an die Decke. Ich war froh, dass Cerielle da war. Es war so viel besser nicht alleine im Dunkeln zu sein – auch wenn ich nicht wusste, ob ich würde schlafen können. Aber zunächst hatte ich ja auch noch etwas anderes vor. Bloß…wie? Wenn ich die Hand nahm, die weiter von Cerielle weg war, würde der Wärmezauber auch weiter von Cerielle weg wirken. Das wäre Unsinn, denn mir war ja nicht kalt. Ich brauchte den nicht. Aber wenn ich die andere Hand weg nahm, dann war da wieder eine Lücke zwischen uns. Und bloß neben einander auf dem Boden liegen brachte nicht viel. Niemals hätte ich mir vor ein paar Tagen träumen lassen, worüber ich mir den Kopf zerbrechen würde! Mir kam das Bild eines Vogels in den Kopf, der seinen Flügel über seine Jungen ausbreitet, um diese zu schützen. Nein, für Flügel war es hier zu eng und das wollte ich auch nicht, aber… Ich drehte mich auf die Seite und schob den zuvor von Cerielle abgewandten Arm vorsichtig über sie. „G-geht das so?“, fragte ich unsicher. Welche Schulter war das nochmal, die verletzt war? War das jetzt diese Seite? War noch irgendwo etwas gewesen? Oder war mein Arm vielleicht zu schwer? Ich schloss die Augen in Erwartung einer ordentlichen Schelte und um irgendwie besser mit dieser katastrophalen Mischung aus Angst, Nervosität und Aufregung umgehen zu können. Wie hatte ich mir das gleich nochmal vorgestellt, dass ich mich auf einen Zauber konzentrieren wollte, der mir häufiger misslang, als dass ich Erfolg hatte? War ich das, der ein wenig zitterte oder war das Cerielle? Yulivee hätte sich bei allem bestimmt deutlich besser angestellt, aber sie zu fragen, ob sie den Platz mit mir tauschen würde, sobald sie wieder da war, widerstrebte mir ebenfalls. Ich seufzte lautlos und versuchte mein klopfendes Herz zu ignorieren, während ich die andere Hand auf den Boden legte und mit aller Kraft probierte mir noch einmal Alastairs Anweisungen ins Gedächtnis zu rufen.
Caelanschlanke Gestalt, 1,75m, beinahe weiße Haare, türkise Augen, meist verborgene Flügel in silbrigem Ton