[Valentine]

„hmm..“ Ihm würden vermutlich irgendwann die Arme abfallen, wenn er Aki die ganze Zeit auf dem Arm halten sollte. Vor allem nach ihrem ausschweifenden Abendessen. Aber er wollte keinen kleinen, Spaßstreit vom Zaun brechen, indem er ihr offenbarte, dass sie für diese Idee nun einfach zu schwer war. Wenn sie Pech hatten, erinnerte sich jemand an sein Gesicht und sie würden doch nur wieder in einer Abstellkammer sitzen, bis die Überfahrt beendet war.
Der erste Passagier machte jedoch keine Anstalten ihn wieder zu erkennen. Der müde, leere Blick schien ihn nicht einmal groß zu beachten. Selbst für die Katze auf Valentines Schultern hatte er keinen Blick übrig. Der Mann sah so aus, als hätten ihn furchtbare Alpträume aus dem Schlaf gerissen. Faszinierend für den Traumtänzer. Es wäre all zu interessant gewesen sich hier noch in den ein oder anderen Traum hinein zu stehlen. Vielleicht wäre noch ein kleines Nickerchen auf dem Deck möglich, um sich in die Träume der anderen Passagiere umzublicken.
Valentine betrat das Deck und lief zielstrebig nach vorn in Richtung des Bugs vom Passagierschiff, sobald Aki ihn darum bat. Die Bänke hier oben waren allesamt verwaist.
Sobald sie das Bug erreicht hatten, beugte Valle sich vorsichtig vor und stütze sich mit den Ellbogen am Geländer ab und sog noch einmal die Luft ein. Suchend schaute er sich um, in der Hoffnung etwas zu erkennen. In der Ferne waren schemenhafte Lichtpunkte, aber für ihn war es schwierig zu sagen, ob es sich um sehr tiefliegende Sterne handelte, oder doch um beleuchtetes Festland.
„Das da hinten könnte Festland sein, oder? Was meinst du?“ Er streckte den rechten Arm aus und deutete auf seine Entdeckung.
„Was hast du eigentlich vor, wenn wir das Schiff wieder verlassen haben? Willst du mir weiter folgen?“ Aki war schließlich nicht seine Hauskatze. Der Gedanke, dass sie irgendwann wieder getrennte Wege gehen würden, versetzte ihn bereits jetzt schon in leichte Wehmut. Er hatte sich mittlerweile an die Gesellschaft der kleinen Katze gewöhnt.

[Aki]

Ich hätte mich ziemlich beschwert, wenn Val jetzt einfach behauptet hätte, dass ich auf seinem Arm viel zu schwer geworden wäre. So viel hatte ich ja gar nicht gegessen, und außerdem war ich schon ein bisschen leichter und kleiner als normale Streuner! Pöh. Aber er blieb zum Glück still. Glück für ihn! Ich hatte nämlich scharfe Krallen, hihi.
Er kam meiner Aufforderung brav nach und ich schaukelte mich auf seiner Schulter wieder ein, als er weiterging und sich dann weiter vorne auf dem Schiff auf die Reling stützte. Da schwankte ich ein bisschen und fand es auch nicht so toll, dass da ganz unten unter uns das Meer so rumbrauste. Ich mochte Schwimmen ganz gerne und wenn ich runterfiel, konnte ich zur Not ja noch fliegen. Aber das war immer noch mein Geheimnis und ich hatte außerdem ziemlich Respekt vor dem Meer. Es sah unfreundlich und kalt und wild aus und ich wollte es nicht drauf anlegen. Also zog ich die Pfotis von Vals Schlüsselbein direkt zurück und stellte mich lieber fest und sicher auf seinen Nacken und die Schulter. Mit den guten Augen schaute ich mir den Horizont ganz genau an.
"Ja, ich glaube, da gaaaanz hinten ist ein Fleckchen Land!", sagte ich nach einem Moment. Ich konnte aber nicht so genau sagen, ob es vielleicht nur eine Winzinsel oder ein Fels im Meer war oder ob es zu einer großen Insel oder Festland gehörte. Oder wie lange wir noch brauchen würden, bis wir da hinkämen.
"Hmm", machte ich und legte den Schwanz um Valentines Nacken, weil er vom Wind runtergedrückt wurde. Meine feinen Fellhaare flatterten wie Gras im Wind. "Ich gehör nirgends mehr hin..." Mit einem Seufzen schaute ich zu seinem Gesicht. "Wenn du mich nicht wegschickst, will ich bei dir bleiben."

[Valentine]

Valentine spürte, wie Aki leicht ins Schwanken geriet, sobald er sich mit den Ellbogen auf der Reling abstützte. Instinktiv richtete er den Oberkörper wieder ein Stück auf, um sie davon abzuhalten über Board zu gehen. Das Wasser war vermutlich kalt und rau durch die Verdrängung des Schiffes. Für eine Katze würde er die Besatzung wahrscheinlich auch nicht zum Halten bewegen können.
Aki verschaffte sich jedoch schnell wieder Halt, wobei sie ihm – hoffentlich unbeabsichtigt – eine Hinterkralle leicht in den Nacken piekte. Er schloss ein Auge um den kurzen Schmerz wegzublinzeln. Sie verlagerte das Gewicht erneut um, sodass er erleichtert ausatmen konnte.
Sein Augenmerk blieb weiter auf den Horizont gerichtet, um die kleinen Lichtpunkte in der Dunkelheit weiter erkennen zu können. Manche Städte hinterließen sichtbar Lichtverschmutzungen am Himmel, sodass ein heller Lichtschein die Dunkelheit zerriss. Von hier war der Himmel aber ebenso Wolkenbedeckt und dunkel wie an anderer Stelle auch. Mit Ausnahme der violetten Farbschliere, die die Ankunft des Tages verkündeten.
Bei ihrer Feststellung, dass sie nun nirgends mehr hingehöre, schlug Vale kurz den Blick nieder. Es war nie seine Absicht gewesen diese kleine Katze mit durch die Welten reisen zu lassen. Derzeit hatte er auch keine Möglichkeit, um sie in ihre Welt zurückzubringen. Etwas, worum Aki ihn bis jetzt allerdings auch nie gebeten hatte.
„Dich wegschicken, meine Liebe?! Was soll ich denn hier ohne meine vierpfötige Begleitung?!“ Hätte sie nicht gerade unerreichbar für seine Arme auf seinem oberen Rücken gestanden, hätte er ihr kurz durch das Fell gestreichelt.
„Diese schwarzen Wesen..“ Griff er nach einer Weile wieder auf. „Sie sind bis jetzt wohl nur auf der Insel Echsinea bekannt. Ich weiß allerdings nicht, ob das so bleiben wird. Wenn derjenige dafür verantwortlich ist, den ich in Verdacht habe, dann…könnte auch die nächste Stadt nicht sicher sein.“

[Aki]

Meine Öhrchen zuckten etwas und spitzten sich nach vorne, als Val meinte, was er hier ohne seine vierpfotige Begleiterin machen sollte. Das zu hören, freute mich natürlich. "Oh, dann darf ich bei dir bleiben?", fragte ich fröhlich und stellte die Schnurrhaare auf. Ich war nie böse gewesen, dass er mich aus meiner Welt mitgenommen hatte. Also, ich vermisste mein Zuhause auf der fliegenden Insel schon, aber auch da war das Leben kein Milchschlecken gewesen. Ständig wurde man vertrieben oder gejagt und ich hatte nirgends hingehört, auch da schon nicht. Jetzt hatte ich Valle und ich mochte ihn. Er war nett zu mir und streichelte mich und gab mir Essen, sodass ich kaum selber jagen musste. Das war praktisch! Und lieb. Außerdem war ich ja auch selber schuld, dass ich jetzt hier war. Ich hatte mich einfach mit ihm mitgeschlichen.
Als er wieder über diese Wesen redete, sträubte sich mein Fell ein bisschen und ich schaute von dem Landfleck am Horizont von der Seite in sein Gesicht. "Hoffentlich nicht! Ich will wo hin, wo es nett ist und man nicht jede Nacht weglaufen muss! Ich bin genug weggelaufen..." Ich seufzte. Vielleicht war es auf dem nächsten Fleck Erde ja auch ganz toll! So.

[Valentine]

Es gab weitaus schlimmere Begleitung als eine freche sprechende Katze. Außerdem war Aki nicht nur eine nette Begleitung, sondern konnte vielleicht auch noch sehr nützlich sein.
„Natürlich, meine Liebe. So lange wie du es bei mir aushältst.“ Das Ziel des Schiffes lag für ihn schließlich ebenso im Unbekannten wie für die Samtpfote – lediglich mit dem Unterschied, dass er sich in dieser Welt besser auskannte als sie. Es war beinahe seine Pflicht aufzupassen, dass Aki nicht von irgendwelchen Dingen geplättet oder überfahren wurde, von denen sie keine Ahnung hatte, weil es in ihrer Welt diese Dinge nicht gegeben hatte.
„Kein Ort ist perfekt und in jeder Welt gibt es immer irgendwelche Gefahren. Aber vielleicht kommt ja der Ort deinen Wünschen recht nah. Wäre er nicht so vielversprechend, wären bestimmt nicht so viele Leute auf diesem Schiff.“ Er neigte leicht den Kopf und drückte somit aufmunternd seinen blonden Schopf gegen Akis Fell.
Valentine ließ sich auf einer der Bänke nieder und schloss die Augen, während er die Meeresluft im Gesicht genoss.
Irgendwann füllte sich das Deck mit ein paar weiteren Menschen. Kinder deuteten auf Aki und riefen ihren Eltern etwas zu. Valentine schnappte sich die kleine Katze irgendwann und setzte sie auf den Schoß, um nicht mehr Aufmerksamkeit als notwendig auf sich zu ziehen. Aber immerhin schien sie niemand als die blinden Passagiere wieder zu erkennen. Schon bald begrüßten mit den ersten Sonnenstrahlen auch die ersten Möwen die Fähre und dann dauerte es auch nicht mehr lang, bis der Kapitän des Schiffs durch die Lautsprecher die baldige Ankunft in Kapua Islands Hauptstadt bekannt gab.

[Aki]

Bei seiner Erwiderung schnurrte ich, kniepte die Augen zu und rieb mein Köpfchen an ihm, weil ich mich so über das freute, was er sagte. Uns wurde ja immer nachgesagt, dass wir Leute nur brauchten, damit sie uns was zu essen gaben, aber wir machten schon auch Unterschiede, ob wir sie nett fanden oder einfach nur praktisch! Und Valentine stand auf meiner Liste im Moment wirklich ganz oben, weil er mich beschützte und so lieb zu mir war. Ich durfte ja sogar immer auf seine Schulter und er hatte für mich was zu fressen geklaut und so.
"Hm...", machte ich durch mein Schnurren, das dann aber auch wieder stoppte. Ich stupste ihn noch einmal an. "Es ist ja auch nicht schwierig, ein besserer Ort zu sein als eine Insel, wo so Monster auftauchen!" Ganz klar, wie ich fand. Aber ja, ich war da jetzt erst mal auch gar nicht anspruchsvoll. Hauptsache, man wurde da nicht ständig gejagt, bekam genug Essen und war nicht ständig Lebensgefahr ausgesetzt. Alles, was darüber noch besser war - ein Häuschen, ein warmes Plätzchen im Bett oder am Kamin und auf der Fensterbank oder so -, das konnte gerne, musste aber erst mal nicht.
Die Sonne kletterte jetzt schneller den Himmel hoch, sodass es bald hell wurde und auch andere Leute hier hoch kamen. Val passte aber gut auf mich auf und ich kuschelte mich auf seinen Beinen zusammen, als es voller wurde, weil mir das doch nicht so ganz geheuer war. Dass ich mich bei ihm so halbwegs verstecken konnte, war schon ganz gut. Es war laut und hektisch, besonders als so eine laute Stimme zu hören war, die mich erst mal zusammenfahren ließ. Irgendein Typi sagte durch irgendein für mich total magisches Dings, das seine Stimme laut machte und wofür er scheinbar auch gar nicht anwesend sein musste, dass wir auf einer Insel ankamen. Na, jetzt war ich aber wirklich gespannt!

[Valentine]

Auf Valentines Lippen bildete sich ein mildes Lächeln, sobald Aki verkündete, dass in ihren Augen die Insel schon ein besserer Ort sei, wenn keine Monster auftauchten.
Er hatte durch die Träume viel schlimmere Orte bereist, allerdings immer im Wissen, dass es Träume waren, die er jederzeit wieder verlassen konnte. „Ich denke, es hätte noch schlimmer kommen können. Aber ein Ort ohne Monster wäre ein guter Anfang.“
Er strich Aki durch das Fell und wartete wie die anderen Passagiere darauf, dass sie das Land erreichten.
Immer mehr Leute kamen ans Deck, sobald der Kapitän die Ankunf von Kapua Island innerhalb von zwanzig Minuten voraussagte.
Valentine hatte sich derweil wieder einen Platz direkt an der Reling gesichert, um einen guten Blick auf die Insel zu haben. Der Ort war selbst für ihn noch vollständig unbekannt. Die ersten Siedlungen wurden deutlich sichtbar. „Schau mal, Aki. Ein Teil der Stadt ist auf dem Wasser gebaut.“ Flüsterte er seiner befellten Freundin zu, damit ihn die anderen Passagiere in Hörweite nicht für Verrückt hielten. Unauffällig deutete er mit dem Finger in Richtung der Häuser, die auf Schwimminseln errichtet waren. Im Hintergrund, noch fast vom morgendlichen Dunst versteckt, zeichneten sich allerdings auch Hochhäuser ab.
Das Schiff steuerte auf einen Hafen zu. Es war nicht das erste Boot, was dort anlag. Der kleine Hafen war schon erstaunlich voll – und dass, obwohl die meisten Fischerboote bereits draußen auf dem ruhigen Meer trieben.

---> Seestadt (Meerteil)

[Aki]

Da Val mir zustimmte, stupste ich ihn nur noch einmal mit der Nase an und blieb ansonsten still. Schon in Anan war ich eine besondere Katze gewesen, weil ich reden konnte - hier schien es noch ungewöhnlicher zu sein, wenn aus Katzen Wörter rauskamen, und ich wollte nicht, dass die Leute um uns rum das mitkriegten.
Angestrengt schaute ich da hin, wo die Insel aufgetaucht war. Bald waren auch schon ganz viele Häuser und andere Boote und Schiffe zu erkennen. Ich staunte nicht schlecht, als ich entdeckte, dass die Häuser teilweise so aussahen, als lägen sie direkt im Wasser. Es sah ein wenig mehr so aus wie da, von wo ich kam, auch wenn ich nie am Meer gewohnt hatte... Ich war aber sowieso ganz aufgeregt und nickte sogar eifrig bei Valles Frage. Als ich diese riesigen hohen Gebäude entdeckte, drehten meine Ohren sich ein wenig zu den Seiten. Es war eben doch nicht alles so wie früher...

---> auch =^.^=